masterarbeit kolloquium

Das Masterarbeit Kolloquium ist eine Diskussion Deiner Arbeit mit Deinen beiden Prüfern. Natürlich ist es mehr als nur colloquere = sich zu unterhalten – schließlich wird das Kolloquium benotet. Allerdings ist es für die Vorbereitung wichtig, den Benotungsaspekt ein wenig auszublenden. Deine Gutachter wollen herausfinden, ob Du wissenschaftlich arbeiten kannst. Und dazu gehört auch der argumentative Austausch mit anderen Forschern auf diesem Gebiet. Zeig‘ ihnen, was du erarbeitet hast!

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Vorbereitung: Die Diskussionsgrundlage schaffen

Bei einem guten Streitgespräch wissen alle Beteiligten, worum es geht, sodass niemand am Thema vorbeiredet. So wie in einem Seminar, in dem nur die Leute mitreden, die auch den Text gelesen haben. Natürlich haben Deine Gutachter Deine Arbeit gelesen, aber vielleicht haben sie ja etwas falsch verstanden (theoretisch)? Deshalb musst Du sie auf Deine Forschung vorbereiten:

  • Was hast Du erforscht? Was war deine Fragestellung? Deine Ausgangsposition? Gab es Begriffe, die Du definieren musstest, oder andere Grundpfeiler, auf die sich der Rest der Arbeit stützt?
  • Wie sieht der Forschungsstand in dem Gebiet aus? Wie hast du darauf aufgebaut? Was war Deine eigene Herangehensweise?
  • Wie bist du vorgegangen? Hast du eine bestimmte wissenschaftliche Methode verwendet und warum? Welche Thesen hast du aufgestellt, angegriffen, verglichen, erweitert?
  • Was waren Deine Ergebnisse? War etwas überraschend oder neu? Wie lautet die Antwort auf Deine Forschungsfrage?
  • Inwiefern ist Dein Ergebnis relevant? Öffnet es den Weg zu neuer Forschung? Welchen Limitationen unterlag Dein Forschungsprojekt? Wie könnte man von Deinen Erkenntnissen aufgeworfene Fragen lösen?

Je nachdem, ob Du eine Präsentation vorbereiten musst oder nicht, musst Du diese Punkte schriftlich formulieren. Aber auch ohne Präsentation lohnt es sich, zwei Seiten zu diesen Fragen zu schreiben. Länger als ein Abstract, aber kürzer als die Arbeit. Gehe nicht zu sehr ins Detail. Präsentiere Deinen roten Faden und die Ergebnisse aus jedem Kapitel. Von den 45 Minuten, die das Kolloquium dauert, sollte dieser Teil nur 10-15 Minuten betragen. Dann sind alle anwesenden Gelehrten auf demselben Wissensstand. Du kannst mit Freunden oder Verwandten proben, diese Zusammenfassung frei vorzutragen.

En détail: Deine Forschung diskutieren

Bleiben wir bei der Vorstellung, dass alle Anwesenden im Kolloquium gleichwertige Forschende sind. Andere Forscher haben meist nicht genau dieselbe Forschungsmeinung wie andere, oder gewichten den einen Aspekt mehr als den anderen. Oder sie haben einen größeren Wissenstand und fragen sich, wie Erkenntnis X zu Deinen Ergebnissen passt.

Daraus ergeben sich die Fragen, die die Prüfer stellen können:

  • In Werk A gibt es folgende Definition von Begriff X: Wie unterscheidet sich der Begriff von X, den Sie zugrunde legen?
  • In Zusammenhang mit Ihrem Kapitel Y steht ja auch Sachverhalt B: Warum haben Sie sich entschieden, B nicht zu diskutieren?
  • Wie sollte man Ihrer Meinung nach in dem Bereich weiterforschen? Welche Schwierigkeiten stellen sich dabei?

Haben die Betreuer ein Gutachten zu Deiner Masterarbeit geschrieben, musst Du das besorgen und dich mit der Kritik darin auseinandersetzen. Schließlich geht man nicht zu einem wissenschaftlichen Gespräch, ohne die Einstellung der anderen Seite zu kennen.

Was ist mit Unerwartetem?

Deine Gutachter entscheiden, oft auch spontan, auf welchen Punkt sie genau eingehen möchten. Das muss Dir aber keine Angst machen. Es kommt nicht darauf an, auf jede mögliche Frage eine auswendig gelernte Antwort parat zu haben. Du bist der Master deiner Masterarbeit! Du kennst die Thesen, die Begründungen, die wichtigste Literatur. Du hast selber eine Meinung. Diese gilt es, auf wissenschaftliche Weise darzustellen. Du musst nicht jede Kritik deiner „Gegner“ niederreden und zunichte machen. Das ist eher unwissenschaftlich. Zeige, dass Du wissenschaftlich denkst und in Deinem Thema zu Hause bist: Der Begriff von X, den Du Deiner Arbeit zugrunde gelegt hast, ist vielleicht weniger präzise, aber dafür klarer und eignet sich deshalb besser zum Testen von Forschungshypothesen. Sachverhalt B ist zwar im Zusammenhang mit Y generell wichtig, hätte aber das Ziel Deiner Arbeit in eine andere Richtung gelenkt. Diese neue Richtung wäre durchaus weiterer Forschung würdig, aber dazu bräuchte man ein komplexeres Forschungsdesign, das bestimmte Schwierigkeiten in sich trägt.

Du musst nicht unangreifbar sein und alles besser wissen. Die meisten Professoren kennen sich ohnehin besser aus. Für sie ist es eine Gelegenheit zu sehen, wie gut Du Dich mit Deinem Thema auseinandergesetzt hast und wie wissenschaftlich Du damit umgehst. Viel Glück!

Chefschreiber

Geboren Ende der 70'er Jahre in Wien, seit 2002 in St. Gallen, Doktor der VWL

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Von Chefschreiber

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